Mina schmaust im Mittelalter

Mina hatte Hunger. So riesigen Hunger, dass ihr Bauch laut grummelte. Sie schaute in ihre Vorratskammer. Darin war nichts weiter, als ein schrumpliger Apfel. „Das Mäuschen seufzte: „Ach, wäre doch nur meine Freundin, die Hexe Gertrude, hier. Die könnte mir bestimmt die leckersten Sachen herzaubern.“

„Hat da jemand nach mir gerufen?“ Schnell rannte Mina nach draußen. Da stand das Hexlein auch schon in ihrem Garten, zwischen den Sonnenblumen und dem Schnittlauch. „Schön, dass du da bist! Mein Hunger ist riesengroß! Also ich hätte gerne ein Marmeladenbrot, ein großes Glas Milch und vielleicht noch einen Schokokeks!“, wünschte Mina gleich los. „Nicht so schnell“, lachte Gertrude. „Wir probieren heute mal etwas Anderes aus. Was hälst du vom Mittelalter? Mit den Händen essen, Tische, die sich von herzhaftem Essen biegen, schmatzen – das wird ein Spaß! Oder war es doch ganz anders? Lass es uns herausfinden!“ Gertrude hob ihren Zauberstab:

Spinnenspucke und Krötenschleim

in den Zeiten von Rittern, Burgen und Prinzessinnen wollten wir sein!

Die Speisen im Mittelalter waren saisonal und regional. Anders gesagt: Es kam auf den Tisch, was gerade auf den Feldern, Wäldern und in den Gärten wuchs und herumsprang. Die Bauern waren es, die hart erwirtschafteten, was bei den Adligen und dem höheren Klerus gegessen wurde. Als Leibeigene mussten sie ihrem Lehnsherren Abgaben leisten. Mit über 90 Prozent machten sie einen Großteil der Bevölkerung aus. Aufgrund der Ständeunterschiede wurde im Mittelalter das Essen in Bauern- und in Herrenspeise eingeteilt. Es gab also Nahrungsmittel, die den Bauern verboten waren, andersherum kam bei den edlen Herren „Bauernspeise“ nicht auf den Tisch.

In diese Zeit führte Mina und Gertrude ein heller Lichtstrudel. Einige Zeit flogen sie über Wälder und Felder, bis eine kleine Gruppe von Häusern mit Strohdächern zu sehen war. „Oh, da wohnt der Bauer Heinrich. Bei dem war ich schon öfters zu Besuch. Ist vielleicht ein bisschen grummelig, aber er mag es, liebe Gäste bei sich zu haben. Auch wenn er nicht viel hat, Heinrich teilt es gerne“, erklärte Gertrude ihrer neugierigen Freundin.

Die Hexe klopfe. Von drinnen schallte es: „Traut euch nur herein, ihr kleinen Naseweise. Ich habe euch längst kommen sehen. Im Topfe über dem Feuer brodelt es schon!“ Ein Grundnahrungsmittel des 3. Bauernstandes war der Getreidebrei, auch „Mus“ genannt. „Hier seht ihr Gerste und Wasser zu einer Pampe vermischt, die den Magen fürs Erste gut füllt. Dazu gibt meine Frau Gemüse, welches gerade in unserem Garten wächst. In diesen Tagen ist es Wurzelgemüse, also Sellerie, Lauch, Möhren oder Zwiebeln. Probiert mal!“, forderte der freundliche Bauer sie auf. Mina verzog das Gesicht. „Das schmeckt ja nach fast nichts.“ Bauer Heinrich lachte laut: „Das teure Salz nehmen wir selbstverständlich nicht zum Kochen. Wir brauchen es dringender, zum Einlegen von Fleisch und anderen Nahrungsmitteln, die wir haltbar machen wollen. Gewürze sind bei uns Kräuter, wie der Mönchspfeffer oder die Petersilie.“ Mina biss trotzdem lieber in das grobe Roggenbrot. „Nimm nur. Bei uns armen Leuten bekommst du allerdings kein feines, helles Weizenbrot, denn das ist den hohen Herren vorbehalten.“

Fleisch kam bei den Bauern nur selten auf den Tisch, da sie neben den Abgaben von Federvieh, Schweinen und Rindern, in den Wäldern der Adligen nicht für sich selber Wild erlegen durften. Wildbret (Rebhühner, Wildschweine, Hirsche oder Fasane) gehörte auf die Tische der Adligen und der Ritter.

In der Fastenzeit mussten allerdings auch die hohen Herren auf Fleisch verzichten und sich mit dem Wassergetier zufrieden geben. Während die Bauern mit ihren Netzen typische Fische der Region wie Forellen oder Hechte fangen durften, füllten sich die Adligen die Bäuche mit edlem Fisch (Lachs, Aal und Hecht).

Nur im Oktober und November durfte geschlachtet und etwas für sich selbst durch das Räuchern, Trocknen oder Einlegen in Salz für das Jahr über konserviert werden.

„Im Herbst legen wir uns auch einen Vorrat an Hülsenfrüchten, wie Erbsen und Bohnen an. Das bläht zwar den Bauch, sodass man laut tönen muss, macht aber satt und gibt Kraft“, ergänzte Bauer Heinrich grinsend.

Gemüse stand bei Herren und Bauern gleichermaßen auf dem Speiseplan: Rüben, Spinat, Kürbisse, Gurken, Kohl, Salat, Kraut (für den Winter sauer eingelegt). Mais, Kartoffeln und Tomaten gab es allerdings nicht, denn die wurden erst nach der Entdeckung Amerikas in Europa eingeführt. Mit Milchprodukten, Käse und was in Wald noch zu finden ist wie Beeren oder Pilze, wurde das Essen von Adel, höherem Klerus und den Bauern etwas abwechslungsreicher.

In ihre Becher füllten die Bauern Wasser, Milch, Birnen und Apfelmost und auch mal selbstgebrautes Bier. Der Adel bevorzugte Wein, da man Angst hatte, von unreinem Wasser krank zu werden. Allerdings wurde der Wein im Alltag verdünnt, sodass man nicht nach jeder Mahlzeit gleich betrunken war. Im hohen Mittelalter war der „Klarwein“, welcher mit Kräutern, Gewürzen und Honig verfeinert wurde, sehr beliebt.

Mina und Getrude dankten dem Bauern Heinrich für seine Gastfreundschaft und das aufschlussreiche Gespräch. Allerdings knurrte Minas Magen immernoch. Gertrude schmunzelte. „Dagegen habe ich doch etwas.“ Sie zog eine Pergamentrolle, die mit rotem Wachs versiegelt war, aus ihrer Tasche. Sie entrollte das Schriftstück:

Liebreizende Mina, edle Gertrude,

Wir, der Magistrat der Stadt Weißenfels, laden Euch zu einem üppigen Mahle,

in Unserem Hause ein.

Gebeten wird um eine Erscheinung im frischen Gewand und saubere Hände.

Hochachtungsvoll,

Julius von Elbertshagen

„Auch bei uns Adligen gibt es nicht jeden Tag ein Festessen. Kündigt sich jedoch ein wichtiger Gast an oder sollte eine Feier stattfinden, müssen sich die Bediensteten in der Küche sputen! Ich habe sie schon angewiesen für euch in großen Kesseln, die an schweren Ketten über der gemauerten Feuerstelle hängen, an Spießen über heller Flamme und Tontöpfen eine Vielzahl von edlen Speisen zuzubereiten“, begrüßte der Magistrat der Stadt Weißenfels seine Gäste.

„Das ist doch mal nach unserem Geschmack, oder Mina? Komm, wir setzen uns an die lange Tafel!“, sagte Gertrude etwas aufgeregt. Die Gerichte wurden ihnen von der Dienerschaft alle auf einmal serviert. Die Gäste durften sich dann etwas davon heraussuchen. Damit zeigte ihnen der adlige Herr, wie reich und bedeutend er war. Mina lief schon das Wasser im Munde zusammen.

Es gab Eiersuppe mit Safran, Pfeffer mit Honig, Schaffleisch mit Zwiebeln, Brathuhn mit Zwetschgen, Stockfisch mit Öl und Rosinen, eine Schweinskeule mit Gurken und gesottene Fische, sauer zubereitet.

In dem oberen Menü, sind edle Gewürze wie Pfeffer und Safran zu finden. Diese kamen aus dem Fernen Osten und galten es sehr wertvoll. Pfeffer wurde sogar wie ein Edelmetall gehandelt, mit dem man die Pacht oder seine Schulden bezahlen konnte. Das Essen wurde im Mittelalter gerne gut und viel gewürzt. Auch damit wollte man seinen Wohlstand unter Beweis stellen. Auf einer Tafel durften die „Tunken“, Soßen, angedickt mit Brot, gemischt mit zerkleinertem Obst und scharfen Gewürzen wie Ingwer nicht fehlen.

Mina klopfte auf ihren nun kugelrunden Bauch. „Was gibt es zum Nachtisch?“, wollte sie wissen. Der Magistrat klatschte zweimal in die Hände. Sofort wurde serviert:

Zerkleinertes, in Mandelmus getränktes Weißbrot, Nudeln mit gesüßtem Rahm und gekochtes Obst gemischt, mit zerstoßenem Weißbrot, verfeinert mit Gewürzen. Gesüßt sind die Speisen mit Honig.

Bauer Heinrich stand währenddessen vor seinem Haus und biss herzhaft in einen Apfel. „Frisches Obst schmeckt doch am besten nach dem Essen, geht mir weg, mit eurem fetten Backwerk!“

Mina schleckte sich den letzten Rest Honig von den Lippen. Nun waren alle satt. Artig bedankten sich die Zeitreisenden bei dem edlen Herren für das gute Mahl. „Sehr gerne. Beehrt mich wieder“, sagte der Magistrat und begleitete sie noch nach draußen. „Nehmt doch eines meiner besten Pferde für die Heimreise. Mina und die Hexe kicherten. Für ihre Reise brauchte es keine schnellen Hufe….

Nun greifet selbst zum Kochlöffel!

Hier kommt Minas Rezept für ein einfaches, schnelles, und vor allen Dingen, schön süßes Gericht:

Zutaten:

  • 4 Scheiben Toastbrot
  • 1 Ei
  • 250 ml Milch
  • 40g Butter
  • Zimt und Zucker

Passet auf und machet mit!

  1. Die Milch wird mit dem Ei und zwei Esslöffeln Zucker verrührt.
  2. Legt die Toastbrote in eine größere Form und begießt sie mit der Eiermilch. Lasst das Toastbrot sich nun schön vollsaugen.
  3. Nun geht es ab in die Pfanne. Die Butter in die Pfanne geben, damit die gute Speise später am Boden nicht festklebt.
  4. Die vollgesogenen Toastbrote werden darin circa vier Minuten auf jeder Seite angebraten, bis sie goldbraun sind.
  5. Etwas Zucker und Zimt vermischen und noch auf die warmen Armen Ritter streuen.
  6. Wie ein hungriger Ritter hineinbeißen!