Tom und Monster Muffel

Wer hat hier Angst vor Monstern?

„Gute Nacht, mein Schatz. Schlaf schön“, sagte Mama und warf ihm noch ein letztes Luftküsschen zu. Tom schloss die Augen. Er war aber ganz und gar nicht müde. In seinem Kopf tobten die ängstlichen Gedanken wie hüpfende Gummibälle. Tom setzte sich auf und zog die Knie ganz nahe an seinen Bauch heran.

Um es selbst zu glauben, wiederholte er mit fester Stimme: „Es gibt keine Monster. Es gibt keine Monster. Es gibt keine Mo….“ Was war das? Ein Knacken in der Baustellenecke unterbrach ihn. „Verzieh dich!“, rief er laut, warf sich aber dann doch schnell die Bettdecke über den Kopf. Oh nein. Was, wenn sie doch einen Weg in sein Kinderzimmer gefunden hatten?

Tom überlegte, wie die Monster wohl aussehen mochten:

Groß, nein riesengroß, sodass ihr Kopf an die Decke stoßen musste, wildes Strubbelfell, Katzenaugen, damit sie im Dunklen sehen konnten und spitze Zähne. Bestimmt hatten die Monster Mundgeruch und lange Krallen an den mächtigen Pranken.

Tom horchte noch einmal, ob die Luft rein war. Nichts als Stille. Für heute war wohl Ruhe. Erschöpft von der Aufregung, schlief er ein.

Am nächsten Tag, ließ ihn das abendliche Erlebnis nicht los. Tom setzte sich an seinen Schreibtisch und begann, ein Monster zu malen. Daneben zeichnete er sich in Ritterrüstung, wie er mit einem Schwert das Untier vertrieb. „Das hänge ich über mein Bett. Dann kann das Monster sehen, was passiert, wenn es mich noch einmal so erschreckt“, sagte er zufrieden und nun weniger ängstlich.

Den Kopf etwas zur Seite geneigt, sah sich in der darauffolgenden Nacht das Monster Muffel Toms Meisterwerk an. Langsam blickte es an sich herunter: Das zottelige Fell stimmte, aber besonders groß war es nun nicht gerade. Die Puppe von Toms Schwester Annelie überragte ihn etwas, dafür hatte Muffel für seinen Geschmack ein wunderschönes grünes Fell und tolle große Augen. Er leckte sich mit der Zunge über die drei gelben Zähnchen und grinste mit seinem breiten Mund: „Nicht schlecht, mein Lieber. Nur leider nicht ganz getroffen.“

Dann wurde Muffel aber wieder traurig. Sehnsüchtig blickte er auf die Bagger und den großen Traktor. Wir gerne würde er damit richtig spielen. Alleine war es stinklangweilig. Er würde Tom so gerne fragen, aber der mochte ihn ja nicht besonders.

Was konnte Muffel dafür, dass er ein Monster war? „Dann spiele ich eben ein Monsterspiel. Dazu brauche ich niemanden!“, schimpfte das kleine Ungeheuer. „Halt, doch! Jemanden, der sich fürchtet“, kicherte es.

Sei mutig und schau genauer hin!

Ein Ballschuss in Richtung seines Kopfes, weckte Tom unsanft aus seinem Schlaf. „Wer war das?“, fragte er empört und stoppte: „…oder was?“ Prompt folgte ein lautes Knurren. Murmeln rollten quer über den Teppich. Toms Herz schlug ihm bis zum Hals. Er erinnerte sich an sein Bild. Das schreckliche Monster war gekommen, um ihn herauszufordern.

Doch diesmal schlug Ritter Tom die Bettdecke beiseite und stellte mutig einen Fuß auf den Boden. „Ich habe keine Angst! Zeig dich wenigstens, du Feigling!“ Das ließ sich Muffel nicht zweimal sagen. Mit einem großen Hopser, kam er hinter dem Hocker hervor. „Hah! Du kleiner schwacher Junge! Zeig, was du drauf hast!“, rief Muffel und schwang seine haarigen Fäustchen.

Tom konnte sich kaum auf den Beinen halten – vor Lachen. „Vor dir kleinem Wollknäuel soll ich mich fürchten?“ Muffel schnappte nach Luft. „Ich sehe zwar nicht so aus wie das Monster auf deinem blöden Bild, bin aber trotzdem sehr gefährlich!“, rief das Untier und zeigte seine drei Zähnchen zum Beweis. Tom setzte sich ihm gegenüber auf den Boden. „Beruhig dich, Kumpel. Was machst du eigentlich in meinem Zimmer?“, wollte er wissen.

Muffel kratzte sich langsam an seinem linken Ohr. „Kumpel? Bin ich wirklich dein Kumpel? Ich wollte eigentlich nur mit deinen tollen Baustellenfahrzeugen spielen, aber alleine macht das keinen Spaß. Du hast mich angebrüllt, ich solle mich verziehen und dann habe ich nicht mehr den Mut gehabt, dich zu fragen“, gab er kleinlaut zu.

Tom lächelte. „Hättest du dich gezeigt und mich gleich gefragt, hätten wir uns das ganze Theater hier sparen können. Natürlich spiele ich gerne mit dir. Jetzt habe ich dich kennengelernt und festgestellt, dass man mit dir bestimmt jede Menge Spaß haben kann.“ Muffel freute sich riesig.

Er atmete erleichtert aus. „Man sollte halt direkt auf jemanden zugehen, anstatt sich von Vorurteilen oder Ängsten leiten zu lassen.“

Tom nickte zustimmend. „Hast du eigentlich auch coole Monstermoves mit dem Bagger drauf?“, fragte er. Muffel gab ihm ein selbstsicheres „Tse“, zur Antwort. „Natürlich! Komm mit auf den Baustellenteppich, dann wirst du schon sehen!“