Mina und der Osterfuchs

Etwas krabbelte Mina am linken Bein. „Nein, das kitzelt. Aufhören!“, kicherte die Maus noch etwas verschlafen. Mit einem lauten Gähnen zog sie sich die Bettdecke bis unter die Nasenspitze und drehte sich auf die andere Seite. Da lachte ihr der krabbelnde Schelm direkt ins Gesicht: die Frühlingssonne erstrahlte in ihrem schönsten Schein. Sofort war Mina auf den Beinen.

Gleich lief das Mäusemädchen hinaus, um den Frühling zu begrüßen: Sie flitzte so schnell wie der Wind durch die herrlich duftende Blumenwiese. „Huiii, ich kann es noch!“, jauchzte Mina und ließ sich in das Gras plumpsen. Das Mäuschen verschränkte die Arme hinter den großen Ohren und schaute in den blauen Himmel. „Hach, ist das Leben nicht wunderbar?“

Da hörte es ein leises Schluchzen. Mina folgte dem Weinen: Feli Fuchs hatte sich unter einem Brombeerbusch zusammengerollt. Aus seinen Augen quollen dicke Tränen. „Was ist denn mit dir los?“, fragte das Mäuschen den armen Tropf. Feli schniefte: „Die Hasen lassen mich nicht mit die Ostereier verstecken. Sie haben Angst vor mir und laufen weg. Dabei würde ich so gerne helfen.“

Das schlaue Mäuschen überlegte: „Die Hasen müssten dich besser kennenlernen. Dann würden sie ganz schnell merken, dass du ihnen nichts zuleide tun möchtest. Kannst du malen?“ Feli Fuchs hob den Kopf. „Ein wenig. Warum? Soll ich ihnen nicht lieber einen netten Brief schreiben?“ Mina schmunzelte. „Nein, nein. Bevor die Hasen die Eier verstecken, bemalen sie diese mit schönen Farben und Mustern.

Wenn du nun eines selber besonders schön gestalten würdest, könnten wir den Großen Osterhasen davon überzeugen, dass du auch ein super Ostereierüberbringer wärest“, erklärte Mina ihren Plan.

Feli blickte etwas zu Boden. „Ich habe auch ganz zufällig ein Ei in meinem Fuchsbau. Ich habe es mir gestern von Henriette Henne geborgt. Natürlich nur, um eines zum Übungsverstecken zu haben.“ Mina schüttelte den Kopf und machte sich schnell auf, um aus ihrem Baumstamm Farbe und Pinsel zu holen.

Feli blieb noch etwas sitzen. Er dachte nach: „Was soll ich bloß auf das Ei malen? Ein Zickzackmuster, Punkte, Wellen? Alles schon einmal dagewesen!“ Der Fuchs ließ seinen Blick über die Wiese schweifen. Da fiel es ihm ein. „Ha!“, er machte einen kleinen Hüpfer. „Das ist gut!“ Schnell rannte Feli zu seinem Zuhause.

Freudig ließ er etwas später das Ei und eine Tube Ahornkleber vor Mina in das Gras plumpsen. „Na endlich. Ich habe auf dich gewartet und gedacht, du willst kneifen“, sagte die Maus etwas sauer. „Ich hatte einen genialen Einfall! Wir gestalten das Ei mit den schönsten Farben der Frühlingswiese: Krokuslila, Grasgrün, Buschwindröschenweiß.“ „Na dann los“, sagte das Mäuschen voller Vorfreude.

Nachdem Feli das letzte Blütenblatt aufgeklebt hatte, betrachtete er sein Werk und war mächtig stolz. „Es ist wirklich sehr schön geworden“, schmunzelte Mina. „Und jetzt auf zum Großen Osterhasen.“

Der Große Osterhase gab gerade eine Unterrichtsstunde in Musterkunde, als die zwei Künstler im Hasenwald ankamen. „Es dürfen nie zu viele Muster auf einem Ei sein, sonst wird dem Betrachter schwindelig“, erklärte er mit ernster Miene den kleinen Hasenschülern. Dann bemerkte er die Neuankömmlinge und schob seine große Brille zurecht.

„Feli! Hatte ich dir nicht deutlich genug erklärt, dass Füchse und Hasen nicht zusammenarbeiten können?“ Schwupps, hatten sich auch schon die kleinen Hasen unter ihren Schulbänken versteckt.

Mina schob sich vor den selbst erschrockenen Fuchs: „Feli würde Ihnen so gerne helfen. Er hat extra für Sie ein Osterei gestaltet. Lieber Großer Osterhase, könnten Sie es sich nicht wenigstens einmal ansehen?“ Meister Langohr wackelte skeptisch mit seiner Nase. „Na gut. Zeig mal her.“

Der Osterhase nahm das Ei entgegen. Aus Blütenblättern und Gräsern hatte der Fuchs die schönsten Muster gelegt. Meister Langohr konnte nicht anders, als milde zu lächeln. Er hielt das Ei hoch:

„Schaut her, Kinder: Wer mit so viel Liebe und Achtsamkeit arbeitet, kann kein tollpatschiger Unhold sein. Fuchs, nimm Platz, du hast trotzdem noch einiges zu lernen, wenn du uns begleiten willst.“

Feli schaute Mina freudestrahlend an und gab ihr ein Küsschen auf die Nasenspitze. „Danke, ohne dich hätte ich das nicht geschafft.“ Dann nahm er stolz Platz.