Das verschwundene Licht

Ein komisches Gefühl

Als Frieda Fee die Augen aufschlug, wusste sie schon, dass heute kein guter Tag werden würde. Langsam drehte sie den Kopf zur Seite. Ein kühler Windhauch bauschte die Vorhänge vor ihrem Fenster auf, sodass Frieda einen Blick auf den Morgenhimmel erhaschen konnte. Er hing voller dunkler Wolken. Die kleine Fee zog enttäuscht die Augenbrauen, eine fliederlila, die andere rosenrosa, zusammen, während sie grantig vor sich hin murmelte: „Na toll! Sogar die Sonne hat heute schlechte Laune und will sich nicht zeigen!“ Seufzend strampelte sie die noch nachtschwere Bettdecke von sich und hüpfte aus dem Bett. Sie streckte die Arme so weit nach oben wie sie nur konnte und schüttelte die Müdigkeit aus ihren Beinen. Es half nicht wirklich etwas. Sie fühlte sich immer noch so, als habe sich eine der düsteren Wolken dick um sie herum aufgebauscht. Vielleicht sollte sie einfach im Bett bleiben… Frieda schüttelte missmutig den Kopf. Feen verschliefen den Tag nicht! Feen wollten nie etwas verpassen, woran sie sich erfreuen könnten. Und Feen waren immer gut gelaunt! Frieda hob die Mundwinkel zu einem Lächeln, das allerdings bei jedem weiteren Schritt in Richtung ihres mit bunten Blumen bemalten Kleiderschrankes etwas weiter nach unten rutschte.

Während sie so tapste, strichen ihre Füße über den weichen Flausch des Teppichs. Das war doch etwas Gutes! Nun etwas beschwingter, öffnete sie die Tür zu ihrem Kleiderschrank… und zog die Hand sogleich wieder zurück. Denn kaum hatte sie die in einem warmen Gelb gemalten Blüten einer zarten Butterblume berührt, waren diese grau geworden! „Was? Wo ist ihre Farbe hin?“, wisperte die kleine Fee erschrocken. Friedas Blick glitt an den nun ganz traurig aussehenden Blumen hinab. Ihr Herz schlug schnell und gleichzeitig viel zu schwer in ihrer Brust. Was würde sie noch erwarten? Frieda schrie auf. „Nein! Was passiert hier nur?!“

Das hört sich ja ganz und gar nicht gut an! Was für ein unpassender Anfang für eine Feengeschichte! Findet ihr nicht, Kinder? Wer ich bin, wollt ihr wissen? Scrivana Federkiel ist mein Name. Ich bin die Erzählerin. Mein Stift folgt meinen Gedanken über das Papier. Manchmal erwische ich sie und weiß, was passieren wird. Doch öfter als mir lieb ist, jage ich ihnen nur hinterher. Wenn ich sie dann eingeholt habe, bin selbst über den Ausgang des Geschehenen überrascht. Gerade bin ich gar nicht mit ihnen zufrieden. Nun ist diese Geschichte aber nun schon auf ihre eigene abenteuerliche Reise gegangen und wir werden ihr folgen. Ich kann doch auf euch zählen, oder? Ihr brüllt ja? Sehr gut! Möglicherweise werde ich an einigen Stellen eure Hilfe brauchen! Abgemacht ist abgemacht! Es geht also weiter!

Die kleine Fee spürte den weichen Flausch noch an unter ihren Füßen, doch die standen nicht auf dem sonst sommerseeblaue Teppich, sondern in einem schmutzig grünen Tümpel. Frieda schluchzte. Alles, was sie berührte, verlor seine Schönheit! Etwas stimmte nicht! Sie fühlte sich heute so anders. Ganz bedrückt. Frieda strich sich über die Stelle, über ihrem Herzen, und flüsterte: „Irgendetwas fühlt sich nicht richtig an. Etwas fehlt.“

„Kommst du Flatterienchen? Das Frühstück steht schon auf dem Tisch!“ Die fröhliche Stimme ihrer Mama holte sie wieder aus diesen finsteren Gedanken zurück. Frieda atmete tief ein. „Ich komme gleich! Ich ziehe nur noch schnell mein Lieblingskleid an!“, rief sie über ihre Schulter nach unten in die Küche und öffnete nun doch die Tür ihres Kleiderschranks etwas weiter. Die Fee nickte einmal kräftig und sprach sich selbst Mut zu: „Wenn ich das Erdbeerkleid trage, kann nichts mehr schief gehen!“ Sie zog sogleich den Bügel heraus. Ihre Schultern sackten nach unten. Ihren vor Enttäuschung bebenden Lippen entkam ein nur gehauchtes: „Oh, nein!“ Aus den roten Erdbeeren auf dem strahlend weißen Stoff waren verschrumpelte Rosinen geworden.

Jetzt wurde Frieda langsam sauer. Sie stampfte mit dem Fuß auf und rief laut, um ihre Wut einmal kräftig herauszulassen: „Was ist denn das für ein Mistkäfermist!“ Dann verschränkte sie schnaubend die Arme vor dem Nachthemd, sodass einige Sterne darauf einen kräftigen Knick bekamen. Es musste doch besser gehen! „Ha!“ Frieda klatschte in die Hände. „Warum bin ich eigentlich so schlecht gelaunt? Ich bin doch eine Fee! Wenn mir etwas nicht passt, dann zaubere ich es mir einfach schön! Na warte, du gemeines Schattengrau! Gleich wird es dir an den Kragen gehen!“ Frieda trat drei Schritte zurück und schob sich die weiten Ärmel bis zu den Ellenbogen hoch.

Das Kinn erhoben, die Augen in voller Konzentration geschlossen, stand sie nun genau in der Mitte ihres kleinen Turmzimmers, im Feenhäuschen, hoch oben im Haselstrauch.

So eine Feenmagie ist etwas ganz Tolles, müsst ihr wissen. Sie kommt aus dem Herzen und strahlt in dem schönsten Licht. Die Lichtmagie jeder Fee ist einzigartig und hat damit auch eine ganz bestimmte Farbe, die nur dieser einen Fee bestimmt ist. Gleich werdet ihr herausfinden, was für eine tolle Farbe Friedas Magie hat! Ihr dürft wirklich gespannt sein! Sie ist soooo toll!

Die kleine Fee hob die Hände, vollführte mit ihnen elegante Drehungen und Schlenker, gerade so wie bei einem Tanz, und wartete darauf, dass das bekannte Kribbeln der Magie in ihr erwachte. Zuerst kitzelte es im Bauch, dann die Arme entlang bis zu den Fingerspitzen. Es vergingen fünf Wimpernschläge, zwanzig, fünfunddreißig. Zu viele. Das Kribbeln wollte sich einfach nicht einstellen.

Die Zuversicht fiel von ihr wie ausgezupfte Gänseblümchenblütenblätter ab. Jetzt wusste Frieda, was los war. Was ihr fehlte… Verzweifelt legte sie beide Hände auf ihre Brust, als könne sie noch einen letzten Funken einfangen. Doch es ließ sich nicht leugnen: „Meine Magie ist verschwunden. Ich habe mein Licht verloren“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.

Frieda schniefte und wischte sich schnell über die nasse Wange. Das Gefühl der Hilflosigkeit durfte sich gar nicht erst an ihr festklammern! Vielleicht hatte sie ihr Licht ja gestern im Wald verloren. Sie musste einfach nur danach suchen. Jawohl! Voller neuem Tatendrang schlüpfte Frieda in ihr Erdbeerkleid. Bevor sie ihre Zimmertür öffnete, strich sie noch einmal zwei kleine Falten darauf glatt. Es sah vielleicht nicht mehr genau wie ihr Lieblingskleid aus, aber es fühlte sich noch genauso an. Bald – das wusste sie genau – würden die Erdbeeren darauf ihre schöne Farbe wiederbekommen – genauso wie sie selbst!

Meint ihr, Frieda bekommt das wieder hin? Ganz bestimmt sagt ihr? Na ich weiß ja nicht. Das hört sich nach einer ziemlich verzwickten Sache an. Aber ihr bleibt doch hoffentlich an Friedas Seite? Vielleicht wird sie ja sogar eure Hilfe brauchen… Also, weiter geht’s! Ich zähl‘ auf euch!

Zuhören ist besser als ein Drachenbrüllen

Frieda schlitterte die letzten drei Treppenstufen hinunter – so eilig hatte sie es. „Mamaaa! Mammaaa! Mamm..“ Mama Fee streckte zuerst ihren blauen Lockenkopf und dann einen großen Teller, von dem ein herrlicher Duft ausging, aus der Küche. „Was schreist du denn am frühen Morgen so laut?! Hier! Iss erst einmal einen Bromhimbeerkeks, dann geht alles gleich viel besser.“ Mama Fee hielt Frieda den lecker duftenden Keks genau vor den Mund, sodass sie einfach nicht anders konnte, als einen großen Bissen zu nehmen. Der süße Geschmack ließ sie wohlig seufzen. Mit sich und ihren berühmten Keksen sehr zufrieden, strich sich Mama Fee eine braune Locke aus der Stirn. „Na, was habe ich dir gesagt?“ Frieda nickte kauend. „Besser.“ Mama Fee rückte den Krimskrams, den man immer auf dem Tischchen neben der Eingangstür ablegte, zur Seite, und stellte den Keksteller darauf ab. Dann wandte sie sich mit einem neugierigen Blick wieder ihrer Tochter zu. „Und jetzt erzählst du mir, was du auf dem Herzen hast.“

Frieda brummte. Mama wusste immer gleich, wenn etwas nicht in Ordnung war. Sie hätte sich bestimmt auch sofort gleich die Schürze abgebunden, um mit ihr loszufliegen. Aber Frieda hatte da so ein bestimmtes Gefühl… Sie musste es alleine schaffen, ihr Licht wiederzufinden! Auf ihre ganz eigene Art, damit es wirklich wieder sicher zu ihr zurückkam. Also blickte die kleine Fee ihrer Mama entschlossen an und verkündete: „Ich möchte heute einen Spaziergang durch den Wald machen. Vielleicht entdecke ich ja etwas ganz Besonderes…“ Mama verengte die Augen. Nur ganz leicht. Da durchfuhr Frieda ein kleiner Schrecken. Natürlich! Mama musste doch auch bemerkt haben, dass ihr Erdbeerkleid ganz grau war! Aber warum sagte sie darüber nichts?

Mama Fee blinzelte und schon war die Sorge in ihrem Blick wieder verschwunden. Als wäre nichts gewesen, zwitscherte sie fröhlich: „Na dann wünsche ich dir viel Spaß… und natürlich, dass du findest, was du suchst“, und schob Frieda aus der Haustür. Frieda blickte noch einmal über die Schulter zurück. Mamas aufmunterndes Lächeln verschob auch ihre Mundwinkel zu einem Grinsen. Mama Fee vertraute ihr. Genauso wie Mama wusste, dass dies kein einfacher Spaziergang für Frieda werden würde, war sich die Fee sicher, dass Frieda ihr Ziel erreichen würde.

„Bernedictus, bist du da?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, flatterte Frieda durch einen Spalt in der schroffen Felswand hindurch. Eben noch hatten ihre zarten Flügel im hellen Sonnenschein geglitzert. Nun wurden sie in einen tiefroten Schein getaucht. Mit höchster Vorsicht, flog die kleine Fee über gezackte Schuppen, die sich auf einem riesigen, schlafenden Körper sanft hoben und senkten.Vor dem gehörnten Kopf des Drachen Bernedictus Puffus ließ sie sich leise nieder. Aus seinen Nüstern wehte ihr warmer Rauchatem entgegen. Frieda überkam ein Schauer, von dem sie sich einmal kräftig schütteln musste. Dabei löste sich ein paar Körnchen von dem feinen Glitzerstaub auf ihren Flügeln und fielen genau auf die schnarchprustende Schnauze des Untieres. Der Drache öffnete ein wie Flammen flackerndes Auge. Die Fee hatte ihn aufgeweckt.

Na? Habt ihr Muffensausen wegen diesem Feuerspucker? Nein?! Dann sag ich euch noch einmal seinen Namen: Bernedictus Puffus! Es ist ein sehr alter Name, für einen sehr alten Drachen. Das sind doch meist die Fiesen! Die mit immer schlechter Laune! Was hat Frieda nur vor?In Bernedictus‘ dunkler Höhle kann doch nicht ihr Licht sein. Oder?

„Bernedictus? Ich bin es! Deine Freundin Frieda! Würdest du dein Schläfchen etwas für mich verschieben? Ich muss dich etwas fragen! Es ist wirklich wichtig!“ Das tiefe Grollen des Drachen ließ den kalten Steinboden unter ihren Füßen erbeben. „Kleine Flatterfee? Was machst du schon wieder hier? Erst gestern hast du mir mit deinem piepsigen Stimmchen eine Geschichte nach der anderen erzählt.“ Der Drache riss sein Maul zu einem großen Gähnen auf. Er schloss es wieder mit einem Schmatzen und brummte: „Das hat mich ganz müde gemacht.“ „Darum bin ich ja hier!“, rief die kleine Fee. Der Drache schüttelte unwillig den Kopf. „Für noch mehr Geschichten?! Bitte nicht! Lass mich schlafen!“ „Was? Nein! Nicht noch mehr Geschichten. Mir ist etwas Wichtiges verloren gegangen. Möglicherweise hier in deiner Höhle. Also bin ich noch einmal zurückgekommen…“, Frieda ging nun ganz aufgeregt vor dem Drachen auf und ab. Dann hielt sie plötzlich inne. „Halt! Du magst doch meine Geschichten! Oder?“ Bernedictus riss die Augen auf und beeilte sich zu sagen: „Natürlich! Sie sind so spannend, dass ich unbedingt von ihnen weiter träumen möchte.“

„Da bin ich aber beruhigt.“ Frieda atmete erleichtert aus und murmelte vor sich hin: „Wenigstens bin doch noch für etwas zu nutze…“ Zaghaft hob sie ihre Hände vor die Augen. Ließ sie elegant durch die Luft gleiten. Vollführte mit ihnen eine schwungvolle Drehung, in einem nächsten verzweifelten Versuch die Magie zu rufen. Nichts geschah. Enttäuscht ließ Frieda sie wieder an ihre Seite fallen. Die Traurigkeit darüber ließ die kleine Fee jedoch nur ganz kurz über sich schwappen. Schnell tauchte sie wieder aus ihr auf und wandte sich hoffnungsvoll an ihren alten Freund. „In einer dieser Geschichten kam auch ein Licht vor. Meine Feenmagie, mit der ich zaubern kann. Erinnerst du dich?“, wollte sie von dem Drachen wissen. Bernedictus‘ orangene Drachenaugen flackerten hell auf. „Oh, ja. Das habe ich mir gemerkt.“ Er grinste breit und zeigte dabei seine scharfen Zähne. „Ich mag Dinge, die glitzern.“

Frieda verengte die Augen zu Schlitzen und stemmte die Hände in die Hüfte. „Es bist doch nicht etwa du gewesen, der sich mein Licht gekrallt hat? Gibst du es gleich zu oder muss ich erst durch die Goldmünzen und Edelsteine deines wohlgehüteten Schatzes wühlen?“ Zum Beweis, dass sie es auch wirklich ernst meinte, flatterte sie in Richtung seines dicken Bauches, unter dem es verräterisch funkelte. Bernedictus stieß eine dicke Rauchwolke aus. „Bei meiner Drachenehre! Wo denkst du hin? Natürlich habe ich das nicht getan! Freunde bestiehlt man nicht! Gierige Kobolde oder freche Hexen vielleicht… Aber Freunde auf keinen Fall!“

Frieda landete mit einem fast genauso großem Schnauben auf einer seiner smaragdgrünen Schuppe. Kaum hatte sie sich gesetzt, begann die Schuppe auch schon zu verblassen. Frieda gab ein ganz unfeenhaftes Brummeln von sich und flatterte weiter zum nächsten Felsvorsprung, knapp über dem Drachen. Sie stützte den sorgenschweren Kopf in die Hände und ließ Bernedictus zu seiner Erleichterung wissen: „Gut. Ich glaube dir.“ Tränen machten es der kleinen Fee weiterzusprechen. „Aber wo ist es dann? Was mache ich nur? Ich brauche mein Licht! Sonst bin ich nicht vollständig! Sonst bin ich nicht ich!“ Ihre nächste verzweifelte Frage kam nur ganz leise heraus, aber sie entging den feinen Ohren des Drachen nicht: „Wo soll ich denn noch schauen? Auf dem Flug zu dir habe ich bei den Grasgnomen, Mooslingen und Pilzmännlein nachgefragt, bin bis in Wipfel der Windbäume hinauf geflogen, habe in den Bau von Freund Fuchs und Dachs geschaut. Nichts. Niemand hat es gesehen.“

In der Stille der Höhle war nur das Schniefen der kleinen Fee zu hören. Bernedictus hatte den Kopf wieder auf seine Vordertatzen gelegt. Nach ein paar Minuten hielt es Frieda nicht mehr aus. „Bist du wieder eingeschlafen, oder warum sagst du nichts?“, wollte sie von ihm wissen. Das Grollen des Drachens vibrierte durch ihren zarten Körper. „Ich schlafe nicht. Ich überlege.“ „Ginge das schneller, wenn ich dir einen neuen Edelstein schenken würde?“ Der Drache hob sein gehörntes Haupt. „Zeig ihn mir.“ Während Frieda den glitzernden Stein aus ihrer Tasche holte, plapperte sie wie immer drauflos. „Ich habe ihn gestern auf dem Weg zu dir am Rande des Buhuuwaldes gefunden. Er glimmert und glitzert! Ich wusste gleich: Der gefällt meinem allerbesten Drachenfreund ganz bestimmt! Den nehme ich ihm mit!“

Bernedictus‘ Zähne klackten leise, als er den Stein aus Friedas immer noch ausgestreckter Hand vorsichtig nahm, und mit höchster Sorgfalt zu seinen anderen Schätzen legte. Ohne den zufriedenen Blick von dem schönen Glitzerfunkeln zu nehmen, merkte der Drache an: „Du scheinst bei deiner Suche den Buhuuwald ausgelassen zu haben. Möglicherweise findest du dein Licht im dort.“ Die kleine Fee schob die Brauen zusammen. „Dort drinnen sollen grausige Wesen hausen. Deshalb bin ich ja schnell über ihn hinweggeflogen.“ Bernedictus nahm die Fee von seiner Schuppe und setzte sie auf einen hohen Felsvorsprung, damit er nicht länger seinen Hals verbiegen musste, wenn er mit ihr sprach. So kam auch seine wichtige Miene besser zur Geltung, als er seiner Freundin erklärte: „Wenn einem etwas wichtig ist, muss man dafür auch etwas wagen. Lass deine Ängste und Zweifel zurück und du wirst neu an Stärke gewinnen.“

Friedas Brauen waren immer noch eine fliederlila und rosenrosa Linie. Bernedictus‘ Worte klangen schön und weise. Der Drache hatte es gut gemeint. Er wollte ihr einen Leitfaden, der sie zu ihrem Licht führen sollte, an die Hand geben. Aber der Faden war grau und blass – so wie sie selbst. Er würde sie nicht zum Ziel führen. Eher würde sie sich verlaufen. Auf der Suche nach ihrem Licht vielleicht nicht nur den Weg, sondern noch ein bisschen mehr von sich verlieren. In ihrem Hals bildete sich ein Kloß. Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, als sie von ihrem Freund wissen wollte: „Bin ich dann noch wirklich ich? Die Ängste und Zweifel kommen doch auch von mir. Ich möchte nichts von mir loswerden, wenn ich doch jetzt nur noch so wenig von mir habe.“

Frieda schlang zitternd die Arme um sich, als wolle sie alles, was sie noch war, zusammen halten. Bernedictus blies ihr etwas von seinem warmen Drachenatem entgegen und brummte: „Die Angst ist dir wohlbekannt. Sie wohnt in dir. Flüstert dir in deinem Kopf Warnungen zu, zieht und zerrt in deiner Brust, um dich vor einem gefährlichen Schritt zu bewahren.“ Frieda schluckte schwer. „Woher weißt du so genau, wie ich mich fühle?“ Bernedictus schnaubte. „Auch Drachen haben mal Angst.“ Er reckte stolz die Brust. „Aber weißt du, wie ich die Angst – zusammen mit frechen Rittern, die an meinen Schatz wollen – in die Flucht schlage?“ Frieda zuckte mit den Schultern und riet einfach drauflos: „Mit einem super lauten Brüllen?“ Bernedictus stampfte kräftig mit der Pfote auf, sodass neben Frieda kleine Steinchen von der Höhlendecke zu Boden fielen. „Genau! Wenn ich nämlich so laut bin, wird meine Angststimme ganz leise, bis sie aufgibt und ganz verstummt.“ Der Drache gluckste. „Was man von den armen Rittern, die sich in meine Höhle gewagt haben, nicht sagen kann. Die mussten sich die Ohren zuhalten und haben schnell Reißaus genommen!“

„Ich kann aber nicht so laut brüllen wie du!“, stieß Frieda hervor. Bernedictus nickte langsam, während er noch einmal angestrengt nachdachte. Mit der zündenden Idee loderten die kleinen, orangenen Flammen in seinen Augen auf. Der Drache erklärte seiner Freundin ruhig: „Wenn du nicht laut sein kannst, sei leise. Hör genau zu, was die Angst dir sagen will. Aber nicht furchtsam, sondern aufmerksam. Was sie da mit deiner Stimme flüstert ist nicht immer falsch, sie will dich schließlich nur schützen. Aber sie nimmt ihre Aufgabe auch manchmal viel zu ernst und übertreibt ein bisschen. Dann musst du ihr sanft aber deswegen nicht weniger bestimmt sagen, dass ihre Befürchtungen gerade nicht der Wahrheit entsprechen.“ Bernedictus sah Frieda fest in die vor Staunen ganz großen Augen. „So lässt du die Angst, als ein Teil von dir, nicht zurück und kannst trotzdem ein Stück über dich hinauswachsen. Ein ganz klein wenig reicht schon und du bist deinem Ziel, dein Licht zu wiederzufinden, einen großen Schritt näher.“

So Kinder! Seid ihr noch dabei, auch wenn es gleich in den dunklen Buhuuwald geht? Ihr wolltet unserer Frieda doch auf der Suche nach ihrem Licht helfen… Ich sag euch wie! Unsere kleine Fee weiß nun, dass man der Angst zuhören sollte, denn sie verschwindet nicht so einfach. Im Gegenteil: sie wird sie immer lauter und übertönt alle anderen guten Gedanken.

Wenn Frieda schon einmal so aufmerksam lauscht, warum fügen wir nicht noch ein paar Sätze hinzu, die ihr Zuversicht und Mut machen sollen? Na? Ist das eine gute Idee oder ist das eine super Idee? Habt ihr euch schon etwas überlegt? Klasse! Passt auf! Ich fange an und ihr macht dann einfach mit dem, was ihr Frieda sagen wollt weiter! Alles klar? Los geht es! Mal sehen, ob das reicht, damit sie sich zum Buhuuwald aufmacht!

Du bist stark, mutig und klug! Glaub an dich!

In dir steckt so viel mehr, als du denkst!

Wage dich also in den dunklen Wald und erhelle ihn mit deinem Strahlen!

Frieda hörte ganz tief in sich hinein. Ja, da waren die sorgenvollen „Was-wenn-Sätze, die die Angst ihr zuflüsterte: „Was, wenn du in dem tiefen, dunklen Wald dein Licht längst erloschen ist?, „Was, wenn du am falschen Ort suchst und nie den richtigen finden wirst?“, „Was, wenn ein gemeines Wesen dein Licht geklaut hat und es nicht hergeben will?“ Frieda schüttelte den Kopf. Nein, das wollte sie alles nicht. Die kleine Fee konzentrierte sich noch einmal und atmete tief ein. Da erklangen plötzlich andere Stimmen, die ihr zuriefen: „Du schaffst das!“, „Gib nicht auf!“, „Du bist toll!“ Auf Friedas Gesicht breitete sich von einem spitzen Feenohr bis zum anderen ein strahlendes Lächeln aus. Flink hopste sie auf die Beine und schlug freudig aufgeregt mit den Flügeln. Die kleine Fee flog hoch in die Luft und rief: „Nein, Angst! Ich schlage dir bessere Was-wenn-Sätze vor: „Was, wenn ich mein Licht finde?“, „Was, wenn mich mein Mut noch heller scheinen lässt als jemals zuvor?“, „Was, wenn alles gut geht?“

„JAAAA! Genauso!“, rief der Drache Bernedictus Puffus begeistert. „Das ist meine mutige Feenfreundin! Nun flieg hinaus und hole dir dein Licht zurück!“ Das ließ sich Frieda nicht zweimal sagen. Ihre Flügel flatterten im gleichen Takt wie ihr wild pochendes Herz. Ohne noch einmal zu zögern, hielt sie geradewegs auf den Höhlenausgang zu. Doch bevor sie das drehte sich die kleine Fee noch einmal zu ihrem Drachenfreund um. Bernedictus sah etwas von dem Funkeln in ihren Augen, das sie glaubte, verloren zu haben, während Frieda ihm voraussagte: „Wenn ich erst mein Licht wiederhabe, werde ich dir mit meiner Magie einen Wunsch erfüllen!“ Der Drache lachte dröhnend auf! „Du erfüllst ihn schon jetzt, wenn ich sehe, was für eine mutige Fee du bist! Halt einfach auf deiner Reise Ausschau nach glitzernden Steinen für mich. Vielleicht gibt es ja im Buhuuwald besonders schöne!“ Mit einem von Herzen dankbaren Lächeln nickte Frieda ihm noch einmal zu und versprach: „Das werde ich!“

Ein Gruffler in Not

Der Weg zum Buhuuwald war nicht weit. Schon bald tauchten vor Frieda die dicht an dicht stehenden Heulebäume auf. Die hießen so, weil sie stets aufheulten, wenn der Wind an ihren knorrigen Ästen mit den dunkelgrünen Blättern rüttelte. Der kleinen Fee kamen sie heute ganz schwarz und daher besonders furchteinflößend vor. Doch sie wurde nicht langsamer. „Ich bin mutig. Ich bin schlau. Ich bin stark“, sprach sie sich noch einmal selbst Mut zu. „Das ist ja schön und gut. Aber vielleicht solltest du doch etwas langsamer fliegen. Du kennst dich in diesem Wald nicht aus. Was, wenn du irgendwo dagegen knallst?“, mischte sich da die Angst ein. „Ach, was! Besser ich lasse schnell die dunkle Waldgrenze hinter mir, dann habe ich schon mal das erste Hindernis geschafft!“ hielt die kleine Fee der Angst entgegen und flog flitzeschnell durch das Astwerk der Heulebäume, hinein in den Buhuuwald.

Da drinnen war es vielleicht dunkel… Aber eher ein Kurz-vor-dem Schlafengehen-Dunkel und nicht ein Es-ist-tiefe-Nacht-Dunkel. Frieda konnte alles um sich herum noch schattenhaft erkennen: da ein altknorriger Baum, der seine rauen Zweigfinger nach ihr ausstreckte, dort ein zerrupfter Busch neben einem umgestürzten, schon ganz von Moos bewachsenen Stamm. „Kein Grund, Angst zu haben! Ein oller Buhuuwald muss eben so aussehen. Es können ja nicht überall wie im Feenwald Blumen blühen und Bächlein plätschern“, sagte die Fee laut und mit fester Stimme, sodass die Angst dieses Mal stumm blieb.

Auf der Suche nach ihrem Licht schaute die kleine Fee nach links und rechts, nach oben und nach unten. In den ächzenden Zweigen tauchten grüne und rote Lichter auf, nur um gleich wieder zu erlöschen. Frieda war sich sicher: „Das sind nicht die Farben ihres Lichtes. Gewiss würde es sich auch nicht vor ihr verstecken.“ Die kleine Fee flog doch weiter, denn dieses Mal hörte sie lieber auf die Angst, die sie zittrig vorwarnte: Was, wenn das die wachsamen Augen von Schleimspuckern oder Spinnenkratzern sind!“

Oh, nein! Friedas hatte ihren furchtsamen Blick weiter die über ihr aufragenden Wipfel gerichtet und sah daher nicht, wie ein Untier mit schwarzem Fell geradewegs auf sie zustampfte. Auch der Gruffler – ein stets schlecht gelauntes Biest – bemerkte sie nicht, da er viel zu sehr damit beschäftigt war, seine großen Pranken zu schwingen. Und es kam, wie die Angst es befürchtet hatte: Frieda stieß mit jemandem aus dem Buhuuwald zusammen! Ausgerechnet mit dem schrecklichsten Wesen weit und breit: dem Gruffler!

Frieda klatschte gegen seinen dicken Bauch. Zum Glück war die Landung weich, denn das Fell des Grufflers war zwar ziemlich schwarz und ziemlich unordentlich, aber sehr flauschig. Noch etwas benommen, konnte sich Frieda nicht so recht entscheiden, ob sie sich lieber daran festhalten oder aber schnell mit den Flügeln flattern sollte, um nicht abzustürzen. Die kleine Fee entschied sich für das Flattern, was den Gruffler loskichern ließ. „Hej! Was soll das? Das kitzelt! Aufhören!“, rief er, und wischte dabei unbeholfen mit den Pfoten über seinen Pelz. Frieda duckte sich flink, flatterte ein Stück nach oben, machte eine Rückwärtsdrehung und stob dann fünf Flügelschläge von dem Untier weg. Gerade wollte sie Reißaus nehmen, als sie knapp über seiner linken Schulter etwas schwach aufleuchten sah. Das war doch… Sie flog über seinen Kopf hinweg, um es besser sehen zu können. Ja! Sie hatte es gefunden! Ihr Licht steckte in dem dichten Rückenfell des Grufflers fest!

Jetzt zählt es! Geben wir Frieda noch einmal ein bisschen Mut, damit sie sich ihr Licht zurückholen kann! Wir sagen jetzt alle gemeinsam „Frieda, du schaffst das!“ Auf 3 geht es los!

1….

2….

3….

Los!

FRIEDA, DU SCHAFFST DAS!

Frieda war, als würden die Füßchen von Glücksmarienkäfern über ihre Arme tippeln, bis hinauf zu ihren Ohren. Ihr ganzer Körper kribbelte und summte vor Tatendrang. Ihr Licht war zum Greifen nahe. Ganz sicher würde sie jetzt nicht kneifen! Oh, Kinder! Es hat funktioniert! Das habt ihr sehr gut gemacht! Und nun passt auf, was weiter geschieht, schließlich wissen wir immer noch nicht, was für eine schöne Farbe das Licht von Frieda hat!

„Ähhhemm!“ Die kleine Fee räusperte sich. Laut. Damit der Gruffler sie endlich wahrnahm. Der würdigte sie nämlich schon keines Blickes mehr. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, mit seinen Pfoten etwas auf seinem Rücken zu fassen zu bekommen. Es gelang ihm nicht. Nicht mal ein bisschen. Es sah wirklich sehr lustig aus, wie er da auf der Stelle tänzelte. Frieda konnte nicht anders: Sie prustete ein Lachen heraus. Das wiederum, brachte ihr die volle Aufmerksamkeit des Grufflers ein.

Er ließ die felligen Arme langsam sinken und richtete sich zu seiner vollen Größe von einem Apfelbaum auf. Die buschigen Augenbrauen hatte er über seinen wie heiße Kohle glimmenden Augen zusammengezogen. Die Unterlippe schob er auch noch vor, damit seine anderthalb Hauer besonders gut gefährlich zu sehen waren. „Du lachst mich aus, kleines Flatterding?“ Seine knurrig tiefe Stimme durchfuhr Frieda wie grollender Donner. Die kleine Fee schluckte schwer. Die Angst meldete sich sofort zu Wort: „Flieg davon! Bring dich in Sicherheit! Der Gruffler ist sowieso schon sauer! Er wird dir dein Licht nun ganz bestimmt nicht wieder zurückgeben!“Frieda konnte und wollte dieses Mal nicht auf die Angst hören. Sie wollte mutig sein! Dazu gehörte nicht nur etwas von dem Gruffler einzufordern, sondern auch zuzugeben, wenn man sich ihm gegenüber nicht richtig verhalten hat. Also hob Frieda das Kinn und sagte: „Entschuldige bitte, lieber Gruffler! Du bist offensichtlich in Not. Ich hätte dich nicht auslachen dürfen.“

Der Gruffler legte erstaunt den Kopf schief. Eine Entschuldigung hatte er nicht erwartet. Kurz wurde es ganz warm in seiner Brust. Aber wirklich nur sehr kurz. Dann kehrte seine übliche schlechte Laune wieder zurück. Er brummte: „Deine schmalzigen Worte nutzen mir recht wenig!“ Er schaute die kleine Fee mit zusammengekniffenen Augen an, um dann . „Vielleicht ist dein Herumgeflatter doch zu etwas gut.“ Der Gruffler zeigte mit einer Kralle hinter sich. „Flieg auf meinen Rücken und hol‘ diese komische Leuchtdings aus meinem schönen schwarzen Fell! Die anderen Gruffler haben mich deswegen schon aus unserer gemütlichen Höhle rausgeschmissen!“ Der Gruffler zog eine Grimasse und machte seine Freunde mit einer absichtlich nervig verzerrten Stimme nach: „Geh weg! Du leuchtest! Wegen dir können wir nicht schlafen!“ Der Gruffler schnaubte. „Dabei hatte ich gerade so einen schönen Traum!“

Frieda presste die Lippen zusammen, damit ihr nicht gleich ein Lachen oder Jauchzen entkam. Denn erstens, hatte der Gruffler wieder so etwas unfreiwillig Komisches gemacht und zweitens brauchte sie ihn gar nicht zu fragen, ob sie das Licht haben durfte. Er wollte es loswerden! „Was schaust du so verkniffen? Mir geht es gar nicht gut! Ich … ich fühle mich nicht wie ich selbst mit dem Licht in meinem dunklen Fell! Also sei eine gute Fee und hilf mir!“, forderte er Frieda wenig nett aber dafür voll Ungeduld auf. Frieda wurde es ganz warm in der Brust. Und das Gefühl verschwand nicht, im Gegenteil: Es wuchs mit ihrer eigenen brennenden Sehnsucht nach dem alten Ich, nach dem vertrauten Ich. Die kleine Fee erkannte, dass es dem Gruffler genauso ging wie ihr! Darum zögerte sie nicht lange und flatterte über seinen großen Kopf hinweg.

Ein Traum von Abentuer … und stinkigen Wustlingpilzen

Der Gruffler hob und senkte zur Probe die Schultern. Es fühlte sich nicht besser an. Ihm war immer noch, als steckte das Licht dazwischen fest. Genauso wie dieses schrecklich gute Gefühl in seinem Bauch, das seit seinem Traum nicht weggehen wollte. Alles an ihm und in ihm sollte düster und grimmig sein! Diese Wärme… dieses Licht! Er hielt es einfach nicht mehr aus! Warum brauchte die Fee nur so lange?! Der Grummler knurrte: „Nun? Ich spüre gar nichts! Du musst dich schon ein bisschen mehr anstrengen! Oder sind deine dünnen Arme schon erschöpft?“ Der Schwarzpelz drehte seinen Kopf wild nach links und rechts, doch er konnte nur die Spitzen von Friedas Flügeln sehen. Die gingen ganz langsam auf und wieder zu: Flapp Flapp FlappDas war auch das Einzige, was Frieda bewegte. In ihren traurigen Augen glänzten Tränen. Dunkellila-Grün! Das war die Farbe, in der das Licht auf dem Rücken des Grufflers leuchtete. Es war nicht ihre Farbe. Nicht ihr Licht!

Frieda blinzelte. Nun liefen die Tränen doch über ihre blassen Wangen. Sie wischte sie mit dem Ärmel ihres Erdbeerkleides ab. Als ihr Blick den grauen Stoff und die verschrumpelten Früchte darauf streifte, kochte Wut in ihr hoch. All die Bemühungen, ihr Licht zu finden, waren umsonst gewesen! Ihr schönes Erdbeerkleid war immer noch ruiniert! Ebenso wie ihre Freude und die Hoffnung, jemals ihre magischen Kräfte wiederzubekommen!! „Ich stehe mir hier meine Stampfer in den Bauch! Schweb da hinten nicht einfach nur herum! Pack endlich zu!“ Der raue Befehl des Grufflers ging wie ein Beben durch ihren sowieso schon vor Ärger zitternden Körper. Lass ihn brüllen! Soll er doch weiter mit dem Licht glücklich sein! Was ist, wenn du dir beim Herausziehen seines Lichts den Flügel brichst? Dann wirst du die Suche nach deinem eigenen Licht nicht fortsetzen können! Dich erwartet ein Leben ohne Farben und vor allen Dingen ohne Magie! Und was bist du schon ohne sie?“ Da war sie wieder: die Angst. Und sie war ziemlich laut. Und ziemlich überzeugend. Stimmte es etwa nicht, was die Angst da sagte? Frieda schloss erschöpft die Augen.

Los Kinder! Wir dürfen die Angst nicht gewinnen lassen! Helfen wir Frieda noch einmal mit unseren ermutigenden Worten! Wir sagen, nein wir rufen!, sie gemeinsam:

Du bist stark, mutig und klug! Glaub an dich!

In dir steckt so viel mehr, als du denkst!

Das habt ihr prima gemacht! Und nun lesen wir, was weiter passiert, ja?

Die ängstliche Stille um sie herum füllte sich mit Worten. Frieda hob lauschend den Kopf. Die Worte machten die schwer gewordenen Flügel und ihr Herz leichter. Sie ließen die kleine Fee aufatmen. Sie öffnete die Augen und sagte laut und deutlich, damit die Angst an ihrem Entschluss nicht mehr ruckeln konnte: „Ich schaffe das! Ich brauche meine Magie nicht, um das Licht des Grufflers aus seinem Fell zu befreien.“ Dann flatterte sie das letzte Stück bis zum Grufflerrücken, legte ihre zarten Hände um das dunkellila-grün scheinende Licht. Es war die erste Sache, die nicht unter ihrer Berührung verblasste. Frieda nickte einmal kräftig. „Und los!“ Sie ließ ihre ganze Wut und Verzweiflung in ihre Kraft fließen und zog.

„Ha! Ich hab ihn!“ Frieda riss den Lichtstrahl jubelnd nach oben. „Das war doch gar nicht so ….“ Das Licht schimmerte und glänzte mit einem Mal in ihrer Hand als würden tausend Sonnenstrahlen über einen wunderschönen Kristall tanzen. Frieda konnte den Blick nicht abwenden. Etwas bewegte sich in dem Dunkellila-Grün. Die kleine Fee nahm den Arm herunter, um besser erkennen zu können, was das Licht ihr zeigen wollte. Da! Ein kleiner Gruffler winkte ihr daraus zu. Und nicht etwa irgendein Gruffler. Nein! Es war der arme Tropf, dem sie soeben geholfen hatte, sein Licht loszuwerden. Nur, dass dieser kleine Gruffler von einem pelzigen Ohr bis zum anderen lächelte. In seiner Armbeuge schaukelte er einen Korb. Das, was darin war, schien ihn sehr glücklich zu machen. Stolz hielt der Gruffler ihn der kleinen Fee entgegen. Frieda holte das Licht noch ein Stückchen näher zu sich heran. Waren das etwa? Ja! Eindeutig! Der Korb des Grufflers war bis zum Rand gefüllt mit giftgrünfleckigen Wustlingpilzen! Die waren sehr selten und sehr lecker! Sie wuchsen nur da, wo der Buhuuwald am tiefsten war und auch nur an den Ufern der schleimigsten Tintenschwarzwassertümpel. Und der kleine Gruffler hatte jede Menge davon gefunden!

„Hmmm. Das ist schon viel besser. Ich spüre wie meine Laune schlechter wird! Einfach schrecklich fabelhaft!“ Der Gruffler schüttelte sich, als hätte Frieda nicht nur ein kleines Licht, sondern einen schweren Brocken von seinen Schultern genommen. Er drehte sich mit erhobenem Zeigefinger zu ihr herum und sagte schnell: „Bevor ich wieder ganz grantig werde, will ich dir noch sagen: Flatterding! Du warst mir doch von Nutzen. Ähmmmm. Danke. Aber jetzt kannst du wieder abzisch…“ Der Gruffler hielt inne und zog misstrauisch die Augen zu Schlitzen. „Warum grinst du so komisch?“ Frieda legte keck den Kopf schief. „Ich weiß jetzt, warum dein Bauch so kugelrund ist!“ Der Gruffler schaute entsetzt an sich herunter. „Mein Bauch ist nicht dick! Das ist mein Fell!“ Frieda kicherte. „Na wie ich dich nun schon in dieser kurzen Zeit kenne, hast du bestimmt die vielen Wustlingpilze ganz alleine verputzt!“ Der Gruffler schaute Frieda verwirrt an. „Meinen letzten Wustling habe ich vor dreißig Monden verschlungen. Und der war ziemlich klein! Nur in meinem Traum habe ich von diesen Leckerbissen einen ganzen Korb voll gefunden. Waarte!“ Die Augen des Grufflers wurden vor Schreck ganz groß. „Woher weißt du von meinem Traum?! Und warum zum Donnerblitz noch eins, leuchtest du wie ein verrückt gewordenes Glühwürmchen?!“

„Ich leuchte?!!!“, rief Frieda aufgeregt. Ihr Herz klopfte wild. Bumm Bumm Bumm Bei jedem Bumm wurde das Licht in ihrer Brust ein bisschen stärker. Bis es in einem kräftigen Erdbeerrot strahlte. Eine Träne rann Frieda über die Wange. Dieses Mal jedoch keine Träne von Wut oder Traurigkeit, sondern von überwältigender Freude. Frieda strich sanft über den Stoff ihres Lieblingskleides. Auf dem waren die Erdbeeren wieder so schön rund und rot, dass man sie am liebsten gleich vernascht hätte. Frieda lächelte sagte überglücklich: „Ich habe mein Licht wieder! Ich bin wieder ich! Aber…“ Sie zog die feinen Brauen zusammen und schaute den Gruffler verwundert an. „Wie habe ich das nur gemacht?“

Erdbeerot! Das Licht von Frieda ist Erdbeerrot! Na, ihr schlauen Kinder, wer von euch hatte sich das schon gedacht? Oder ist die Überraschung doch gelungen?

Das Rätsel um die Farbe des Lichts der kleinen Fee ist nun gelöst. Aber wir wissen noch nicht, wie es wieder zu ihr gefunden hat. Das müssen wir noch gemeinsam mit Frieda herausfinden…

Der Gruffler hob abwehrend die Pranken. „Da fragst du den Falschen! Ich weiß mit diesen komischen Lichtern nichts anzufangen!“ Der Schwarzpelz kratzte sich an der linken Schulter, die juckte, wenn er auch nur an das dunkellila-grüne Ding dachte. Der Gruffler machte auch sogleich mit tiefer Brummstimme klar: „Und möchte mit ihnen auch nichts zu tun haben! Also Schluss jetzt mit dem Kram und dem Strahlen… und dem Glücklichsein! Konzentrieren wir uns lieber auf die wichtigen Dinge.“ Er stemmte die Pranken in die Seite, um noch etwas breiter und bedrohlicher auszusehen. Die kleine Fee sollte ihn schließlich ernst nehmen. Der Gruffler grollte: „Du hast mir meine Frage nicht beantwortet: „Woher weißt du von meinem Traum?!“

Frieda flatterte geradewegs auf den großen Schwarzpelz zu. „Nein! Was tust du? Der Gruffler wird dich verschlingen, wenn ihm deine Antwort auf seine Frage nicht gefällt! Du sollst davon und nicht auf das Ungetüm zufliegen!“ Frieda glaubte der Angst kein Wort! Der Gruffler war vielleicht etwas grantig, aber ganz bestimmt kein Ungetüm mit einem Appetit auf Feen! Ohne das kleinste bisschen Furcht, hielt sie nur eine Flügelspanne vor seinem Maul mit den großen Zähnen inne und erklärte mit fester Stimme: „Ich habe den Korb mit den Wustlingen in dem dunkellila-grünen Licht gesehen. Dein Traum muss dir wohl so viel Freude bereitet haben, dass er ein Licht hat aufleuchten lassen – dein ganz eigenes Licht!“ Frieda hielt ihm die Hand entgegen, in der es immer noch lag. „Hier nimm es. Es gehört dir.“ Der Gruffler schüttelte wild den Kopf. „Nein! Nein! Ich bin froh, dass ich es los bin! Du magst doch Lichter! Also behalte du es!“

Jetzt war es Frieda, die mit dem Kopf schüttelte. „Das kann ich nicht. Da ich nicht seine Besitzerin bin, würde es bei mir bald erlischen. Und das wäre einfach furchtbar. Du kannst mächtig froh sein, dass du eines hast! Dein Licht ist so wunderschön und einzigartig! Es darf nicht vergehen!“ Deshalb fragte Frieda mit Hoffnung im Blick den Gruffler ein letztes Mal: „Willst du es denn wirklich nicht? Erinnere dich an das warme Gefühl in deinem Bauch. War das denn so schrecklich?“ Der Gruffler warf aufgebracht die Arme in die Luft. „Das ist es ja gerade! Es war nicht schrecklich! Sollte es aber normalerweise sein! Es war… gut, nett, schön.“ Die letzten Worte spuckte er aus wie ungenießbare Stücke eines angefaulten Pilzes. Seine Nasenflügel bebten, als er etwas leiser hinzufügte: „Und das passt einfach nicht zu mir.“

Frieda ballte die Hände zu Fäustchen. „Das Licht passt sehr wohl zu dir! Ich habe es beim Hineinsehen gespürt! Und Feen irren sich nie, wenn es um das Aufspüren von Glück geht! Ich habe mich sogar so sehr für dich gefreut, dass das Herz in meiner Brust ganz doll gepocht hat. Gerade so, als wolle es Funken schlagen!“ Aufgepasst, liebe Mädchen und Jungen! Das war der Hinweis für die Antwort auf unsere zweite spannende Frage: Wie hat das Licht wieder zu Frieda gefunden? Habt ihr sie? Unserer kleinen Fee ist nämlich soeben einiges klar geworden:

Das Birkengrün ihrer weit geöffneten Augen bohrte sich in das Kohlenschwarz des Grufflers. „Mein Licht war nie verschwunden! Es war die ganze Zeit bei mir – nur eben nicht hell genug, damit ich es spüren kann.“ Frieda zwirbelte verlegen eine ihrer Locken und gab zu: „Ich hatte schon heute Morgen ziemlich schlechte Laune. So grummelig war ich noch nie. Da hat es sich wohl vor Schreck zurückgezogen.“ Die Fee ließ die Locke los und sie sprang genau wie ihre Mundwinkel wieder nach oben. „Zum Glück hat mich derDrache Bernedictus Puffus zu dir in den Buhuuwald geschickt. Denn du: mein neuer, lieber Grummelfreund, hast mir geholfen, mein Licht wiederzubekommen! Dein Glücklichsein ist auch auf mich übergesprungen und hat mein Licht aufleuchten lassen!“

Der Gruffler fuhr sich mit der großen Pranke übers Gesicht. Darüber nicht mal ein Mü so sehr begeistert wie die kleine Fee, brummte er zwischen seinen felligen Finger hindurch: „Aber nicht mit Absicht!“ Frieda zog die Augen zu Schlitzen. „Wage es jetzt nicht, diesen schönen Moment mit deiner Griesgrämigkeit zu verderben!“ Der Grummler schnaubte beleidigt. „Was ist eigentlich so schlimm daran, grummelig zu sein?“ Die kleine Fee holte Luft, um ihm die Vorteile von guter Laune aufzuzählen, doch dann klappte sie den Mund wieder zu. Warum wollte sie den Gruffler zu etwas überreden, was ihm gar nicht gefiel? „Du hast Recht. Man darf auch schlechte Laune haben. Meine Grummeligkeit hat mich dazu gebracht, mich meinen Ängsten zu stellen und dies hat mich einen neuen Freund finden lassen.“ Frieda stupste den Schwarzpelz mit der Schulter an. „Was möchtest du mit deinem Licht nun anfangen? Willst du nicht herausfinden, zu was es dich noch alles führen kann – außer natürlich zu mir einen außerordentlich tollen Freundin!“ Friedas Schmunzeln wandelte sich plötzlich zu einem strahlenden Lächeln. „Ich weiß, wie wir das gemeinsam, als neue beste Freunde, herausfinden: Wir gehen zusammen Wustlinge suchen!

„Was?!!“ Der Gruffler sah sie an, als hätte sie nicht mehr alle Feenkelche im Schränkchen. Ich habe überhaupt keine Lust, im finstersten Teil des Buhuuwaldes auf dich aufpassen zu müssen!“ Frieda grinste von einem spitzen Ohr zum anderen. „Also gehen wir!“ „Das habe ich nicht gesagt!“, grollte der Gruffler erbost. Die kleine Fee zuckte ungerührt mit den Schultern. „Du hast aber auch nicht gesagt, dass wir nicht gehen – nur, dass du keine Lust hast auf mich aufzupassen.“ Sie hob selbstbewusst das Kinn. „Und das musst du auch nicht! Ich habe mein Licht und damit meine Magie wieder!“ Die kleine Fee schnipste zweimal und goldene Funken stoben vor der breiten Nase des Grufflers auf. Er nieste so kräftig, dass die Bäume wackelten. Frieda lachte laut auf. „Was soll uns also noch aufhalten?“

„Ich!!“, rief der Gruffler – HA.. HAAA… -und musste gleich nochmal zweimal niesen. „Ach papperlapp!“ Frieda nutzte die Gelegenheit, und drückte das dunkellia-grüne Licht in seine rechte Pranke, während er sich noch mit der linken über die juckende Nase rubbelte. Der Gruffler schloss seine große Faust fest darum. So fest, dass der Schein im Nachtschwarz seines Felles verschwand. Der Gruffler grollte: „Das hast du dir so gedacht! Nix da! Ich gehe zurück in meine Höhle!“ Frieda konnte zwar immer noch nicht so laut brüllen wie der Drache Bernedictus, aber dafür ziemlich streng schauen. „Dort drinnen gibt es nichts als Dunkelheit, Moosmief und schnarchende Gruffler!“ Die kleine Fee verschränkte die Arme vor der Brust und hob herausfordernd eine Augenbraue. „Während die nur im Schlaf schmatzen, wirst du schon bald wirklich in einen giftgrünfleckigen Wustlingpilz beißen! Dein Traum kann war werden! Komm! Gib dir einen Ruck!“ Der Gruffler atmete langsam und schwer aus. „Ein Abenteuer also…“ Frieda lächelte ihn breit an und ergänzte: „Unser erstes gemeinsames Abenteuer!“

Abenteuer? Haben Frieda und der Gruffler Abenteuer gesagt? Da sind wir doch wieder dabei, Kinder! Ich meine ich bin ja sowieso dabei, weil ich das Abenteuer der beiden schreiben werde, aber ich fände es unheimlich toll, wenn ihr mich und unsere neuen Freunde wieder begleiten würdet. Immerhin habt ihr Frieda sooo toll durch dieses geleitet. Wer weiß, ob die Feengeschichte ein gutes Ende genommen hätte, wenn ihr Frieda nicht mit euren Mut machenden Worten zur Seite gestanden hättet! Und auch in der nächsten Geschichte wird sich unsere kleine Fee und selbstverständlich auch der Gruffler – ob er will oder nicht – neuen, vielleicht sogar sehr gefährlichen und ein wenig schaurigen Herausforderungen stellen müssen. Also, ich zähl‘ auf euch!

Bis dahin,

Eure Scrivana Federkiel

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